Totentanz

Totentanz

Seit 2001 ist der Plauser Totentanz in insgesamt 18 Bildtafeln an der Friedhofsmauer zugänglich. Die Pfarrei Plaus und die Gemeinde haben mit dieser Südtiroler Rarität ein identitätsstiftendes Dorfzentrum geschaffen. So entwirft Luis Stefan Stecher in seinem Totentanz ein kleines „Vinschger Welttheater“ in dem er selbst, die Korrner von damals, aber auch andere Persönlichkeiten, Vinschger Traditionen und der Vinschger Dialekt vorkommen.

Kirchenführungen und Erläuterungen zum Totentanz nach Vereinbarung.
Heinrich Kainz +39 342 8795559, Astrid Kainz +39 329 2123337

Bild 1

HOLT OUN A WAILELE, BLAIB SCHTIAN – NOR WOASCH VILAICHT WIA WAITRGIAN.

Halt an ein Weilchen, bleib stehen – dann weißt du vielleicht wie weitergehn.

Hinweisschilder sind wie Stoppschilder. Stehen bleiben…wie soll es weitergehen…Das Leben verlangt nach Orientierung. Schädelpyramide: Symbol für „mementi mori“, wie ein „Marterle“ wo man stehen bleibt und ein Gebet verrichtet.

Bild 2

A PFURRER LAI ISCH INZR ZAIT – WOLL WOLTALONG DI EEWIGKAIT

Ein kurzer Ton nur ist unsere Zeit – wohl aber lang die Ewigkeit

A „Pfurrer“ bedeutet ein kurzes Aufdrehen. Unser Leben ist kurz und vergänglich und riskant ist die Fahrt auf der Straße des Lebens.

Bild 3

O LOTT SUI GROOD DIE GROASSN NAAMEN – DOO ENTN WEARNSI KLIANR AAMEN.

Oh, lasst ihnen nur die großen Namen – da drüben werden sie kleiner. Amen.

Ausgleichende Gerechtigkeit, die der Tod mit sich bringt. Amen = Endgültig, so sei es!

Bild 4

BOLL DER TOAT IN KORRN ZIACHT – NOR HUK LAI AUF UNT SCHAUG INZ LIACHT.

Wenn der Tod den Karren zieht – dann hock nur auf und schau ins Licht.

Hinweis auf die Geschichte der Karrner – das Karrenziehende Wandervolk aus dem oberen Vinschgau. Symbol des Durchzugs und Durchwanderns. Der Tod nimmt dem Karrner die Arbeit und Last ab und führt ihn ins Licht.

Bild 5

LAICH ISCH LAICH, ISCH OLM LAI LAICH – PANN HUAMGIAN SAIMR OLLE GLAICH.

Eine Leiche ist eine Leiche, ist immer nur eine Leiche – beim Heimgehen sind wir alle gleich.

Das Sterben ist eine unumstößliche Wahrheit. Der Tod ist die oberste und letzte soziale Gerechtigkeit.

Bild 6

TONZN TIAN MIAR OLLE GEARN – LAI NIT MIT SOU DURRE HERRN.

Wir alle tanzen gern – nur nicht mit so dürren Herrn.

Ein Totentanzbild, im wahrsten Sinne des Wortes.

Bis ins 19. Jahrhundert tanzten die Menschen auf den Friedhöfen. Südtiroler Redewendung: „Moch nit an sou an Tonz.“ Irgendwann werden auch wir so ungelenk und unbeholfen tanzen wie die drei dürren Herren.

Bild 7

HEARGOTT ISCH DESS LEBM SCHIAN – LAI SCHIANR NOU WEARDS AUFRSTIAN.

Herrgott ist dieses Leben schön – nur schöner noch wird das Auferstehn.

Aus dem Grabloch steigen drei weiße Hände (als Symbol für die Dreifaltigkeit), die wie Tauben emporfliegen. Die offene Hand steht als Symbol für das Geben und Annehmen im Leben.

Bild 8

GEA DU LAI MASCHGRA JOOR FIR JOOR – DR TOAT RAISST DIR DAI LORF SCHUN OR.

Geh nur zur Fastnacht jedes Jahr – der Tod reißt dir die Maske schon herunter.

Die weißen Masken sind gesichtslos – ein Verweis auf den Gleichmacher Tod. Einmal muss jeder seine Maske fallen lassen und sein wahres Gesicht zeigen.

Bild 9

JUNGE VIELE, OLTE OLLE – UM GOLLI GHEARN DI WIESN OLLE.

Junge viele. Alte alle – vom St. Gallus Tag an gehören die Wiesen allen.

Golli (hl. Gallus), der 16. Oktober ist ein Lostag. Von diesem Tag an war das Weiderecht außer Kraft gesetzt. Dies bedeutet Freiheit für Hirt und Vieh. Stirbt der Mensch, dann wird er frei, auch von Besitzdenken und Reglementierungen.

Bild 10

DO KONN A MUATTR NOU SOU REARN – DR TOAT HOT AA DI KINDR GEARN.

Da kann eine Mutter noch so weinen – der Tod hat auch die Kinder gern.

Eine unumstößliche, bittere Wahrheit.  Engelsgleich schreiten der Mutter zwei Lichtgestalten mit ruhigem Schritt entgegen. Sie sollen trotz Schmerz und Leid nicht angsteinflößend wirken.

Bild 11

LOTTRN, PAUR UNT GAISCHTLICHKAIT – KUANR WOASS DI SCHTUND DI ZAIT.

Bettler, Bauer und Geistlichkeit – keiner weiß die Stunde, die Zeit.

Der Tod schaut deshalb so verzweifelt drein, weil auch er nicht die Stunde ablesen kann und den Zeitpunkt zu nennen vermag, an dem der Mensch stirbt.

Bild 12

DU RAITR RAIT LAI DURCH DESS TOL – DU HEARSCH DI TRUMML SLESCHTE MOL.

Reiter, reite nur durch dieses Tal – du hörst die Trommel zum letzten Mal.

Luis Stefan Stecher malt sich selbst in diesem Bild, als Ritter auf dem Pferd. Der Ritter, der für Edelmut, Tapferkeit und Schutz für den Schwachen steht.

Bild 13

UAMOL FOLLT AA A LARCH AFSAIT – KUA BAAM WOXT BIS INT EEWIKAIT.

Einmal fällt auch eine Lärche um – kein Baum wächst in die Ewigkeit.

Auch der stärkste Baum muss einmal sein Leben lassen. Der rote Lärchenstamm ist Sinnbild für Kraft und Lebensenergie. Die Axt in der Hand des Skelettes bedeutet, dass er die Macht hat alles Leben zu fällen.

Bild 14

DESS ISCH DIE WOHRAT WOLL ZALESCHT – MIAR SAIN LAI GASCHT WIA OLLE GESCHT.

Das ist die Wahrheit wohl zuletzt – wir sind nur Gast wie alle Gäste.

Wir alle sind nur Gast auf Erden. Wir sollten nicht erst am Ende die Migranten und Fremdarbeiter, auf die unser Land angewiesen ist, bei uns zu Tisch einladen. Sondern wir sollten, im christlichen Sinne, alle gemeinsam Kommunion feiern an einem Tisch, jetzt und heute.

Bild 15

GROASS ISCH DESS LEBM LIACHT UND TRIAB – SCHTARK WIA DR TOAT ISCH LAI DI LIAB.

Groß ist das Leben, licht und trüb – stark wie der Tod ist nur die Liebe.

Granatapfel (Sinnbild für Leidenschaft und Lebenslust) und Passionsblume (Sinnbild für das Leid) halten sich die Waage in der Hand des Todes. Die Liebe ist das stärkste Band, das uns verbindet, den Tod überdauert und ihn nicht zum Sieger werden lässt.

Bild 16

OLM ER, ZWOA SCHRITTLAN HINTERN HAUS – DEER VOURSCHPRUNG MOCHT DESS LEBM AUS.

Immer er, zwei Schritte hinterm Haus – der Vorsprung macht das Leben aus.

Eine junge Familie,die an ihrem Lebensglück baut und der der Tod nichts anhaben kann. Anstatt des Todes, ist hier nur eine Koboldfigur abgebildet. Hier wird keiner vom Tod geholt.

Bild 17

HEB MUATR INZ, DIA OLLZ VERSCHTEAT – AM LOASTOOG BOLS ZUM HUAMGIAN GEAT.

Gib uns Halt, Mutter; die alles versteht – am Lostag wenn´s Zeit wird, heimzugehen.

Eine Mutter mit ihrem verstorbenen Sohn im Schoß – ein Bild das an Maria und Jesus denken lässt. Die Mutterliebe, die stärkste Liebe überhaupt. Das geöffnete Gittertor ist Zeichen für Geburt und Tod –  Eintritt und Austritt.

Bild 18

Schlussbild und gleichzeitig Auferstehungsbild des Plauser Totentanzes.

ENTERPRUGG ENTN WEARN MIAR VERSCHTIAN – DO WEARN INZ WIA KINDR DI AUGN AUFGIAN.

Drüben, jenseits der Brücke, werden wir verstehen – da werden uns gleich Kindern die Augen aufgehen.

Die Vorstellung vom Untergang der Menschheit ist die Apokalypse. Doch es ist ein hoffnungsvolles Bild mit dem Regenbogen als Zeichnen der Versöhnung und Verbindung zwischen Himmel und Erde. Die Tote (gehüllt in einen „Alpha-Mantel“) wird vom Tod (gehüllt in einen „Omega-Mantel“) vom irdischen Leben ins ewige Leben hineingenommen.